Städtische Eliten und territoriale Integration: plurale Zugehörigkeiten? (Altes Reich, Frankreich, 15.-18. Jahrhundert)

Städtische Eliten und territoriale Integration: plurale Zugehörigkeiten? (Altes Reich, Frankreich, 15.-18. Jahrhundert)

Veranstalter
Vincent Demont/Vincent Meyzie, Université Paris-Ouest (CHISCO)
Veranstaltungsort
Ort
Nanterre
Land
France
Vom - Bis
23.11.2012 -
Deadline
01.07.2012
Von
Vincent Demont

Ziel des Workshops ist es zu analysieren, wie städtische Eliten im Alten Reich und im französischen Königreich verschiedene Zugehörigkeiten miteinander vereinbarten. Zu solchen Zugehörigkeiten gehörten soziale und berufliche, die sich in der Übernahme von Ehrenämtern innerhalb der Stadtgesellschaft ausdrückten; stadtbürgerliche, die durch die Mitwirkung und Mitgliedschaft in den Räten und Körperschaften hergestellt wurden; territoriale, die sich in der Ausübung von Verwaltungsfunktionen in „staatlichen“ Institutionen niederschlugen. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Normen, Motivationen und Formen des Zusammenspiels dieser Zugehörigkeiten sowie ihre Entwicklung vom Spätmittelalter hin zur Frühen Neuzeit.
Um kollektive Strategien rekonstruieren und verstehen zu können, werden als Ausgangspunkt also nicht die städtischen oder „staatlichen“ Institutionen selbst genommen, sondern die sozialen Gruppen, Familien oder Individuen, welche diese Institutionen bildeten und gegebenenfalls für eigene Ziele benutzten. Dabei werden alle für die Beantwortung der Fragestellung geeigneten Quellen und Methoden berücksichtigt – von der prosopographischen Erfassung größerer Gruppen bis hin zur Analyse einzelner Individuen anhand von Ego-Dokumenten.

Der untersuchte Zeitraum – vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des Ancien Régime bzw. bis zum Ende des Alten Reichs – erlaubt es dabei, gängige universitäre oder nationale Periodisierungen zu relativieren. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Eingliederungsformen von Städten oder Städtelandschaften in größere Territorialstrukturen soll es wiederum ermöglichen, über die Feststellung von Unterschieden hinauszugehen und das gemeinsame Interesse von Historikern beider Länder an der Erforschung von Aushandlungsprozessen zwischen lokalen (insbesondere städtischen) und territorialen (insbesondere staatlichen) Obrigkeiten hervorzuheben.

Beiträger können eine oder mehrere Formen des Zusammenspiels verschiedener Zugehörigkeiten beleuchten:

- Versuche der Harmonisierung verschiedener Zugehörigkeiten, von denen angenommen wird, dass sie sich gegenseitig bestärken.
Gemeint sind damit Konstellationen, in denen sozio-professionelle und bürgerliche Zugehörigkeiten mit sozialen oder wirtschaftlichen – entweder privaten oder öffentlichen – Interessen vereinbart werden können, wie beispielsweise im Fall von Kaufleuten, die ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen mit dem „Gemeinen Wohl“ identifizieren. Auch werden darunter Fälle verstanden, in denen eine doppelte – stadtbürgerliche und staatliche – Zugehörigkeit die politische oder soziale Stellung innerhalb der Stadtgemeinschaft stärkt, sowie Positionen der Vermittlung zwischen einer Stadt und den Machthabern eines größeren Territoriums (wie bei den französischen „officiers moyens“).

Ebenfalls können die Lebensphasen, Familienverhältnisse oder politischen Umstände untersucht werden, die eine Diversifizierung der Zugehörigkeiten besonders begünstigten. Zuletzt kann auch die Rolle und Bedeutung von Architektur, Bildprogrammen, Wappen, Kirchen etc. für das Ausdrücken und Bestätigen von Zugehörigkeiten untersucht werden.

- Die Aufrechterhaltung verschiedener Zugehörigkeiten, trotz offensichtlicher Spannungen und Konflikte.
Darunter werden sowohl Situationen verstanden, in denen plurale Zugehörigkeiten beibehalten werden, obwohl die wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Vorteile dieser Pluralität nicht mehr evident sind, als auch Fälle, in denen diese Zugehörigkeiten in den Augen der sozialen Umwelt zu Interessenkonflikten oder Machtmissbrauch führen und daher als unvereinbar betrachtet werden.
Hier kann auch die Bedeutung städtischer, bürgerlicher oder „staatlicher“ Kultur für die Aufrechterhaltung oder die Kritik an pluralen Zugehörigkeiten beleuchtet werden, insbesondere in Fällen, in denen sich diese nicht einfach mit ihrem sozialen oder wirtschaftlichen Nutzen erklären lassen.

- Der Verzicht städtischer Eliten auf plurale Zugehörigkeiten zugunsten einer bestimmten Zugehörigkeit.
Damit sind Situationen gemeint, in denen eine der Zugehörigkeiten ausdrücklich oder de facto abgelegt wird. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Loslösung von der stadt-bürgerlichen Sphäre handeln, die hinter berufliche Interessen zurückgestellt wird, oder um ein ausschließlich staatliches Engagement, wie es bei territorialen Beamten im Alten Reich häufig zu beobachten ist.
Hier können auch die Handlungsspielräume untersucht werden, die Individuen und Gruppen in einer von Zwang geprägten Umwelt dennoch zur Verfügung standen.

Arbeitssprachen des Workshops sind Deutsch, Englisch und Französisch. Vorschläge (ca. eine Seite) sind mit einer kurzen biographischen Notiz bis zum 1.7.2012 an Vincent Demont (vdemont@u-paris10.fr) oder Vincent Meyzie (vincent.meyzie@orange.fr) zu schicken.

Die Tagung wird vom Deutschen Historischen Institut (Paris) und dem Institut Français d'Histoire en Allemagne unterstützt.

Programm

Kontakt

Vincent Demont

Université Paris-Ouest - Département d'Histoire
200 avenue de la République - F-92001 Nanterre Cedex

vdemont@u-paris10.fr

http://www.u-paris10.fr/21600/0/fiche___annuaireksup/&RH=dephistoire_accueil